Erlebnisse mit Jesus

Das Erlebnis von Petra aus Düsseldorf

Im September des Jahres 2000 verstarb meine Schwiegermutter. Mit ihren 86 Jahren ging sie eines Abends ins Bett und wachte nicht mehr auf. Wir sagen dazu, sie hatte einen schönen Tod. Aber hierauf möchte ich nicht weiter eingehen, sondern mehr auf das Dilemma, was danach kam, das mit der lieben Verwandtschaft. Der eine oder andere winkt schon ab oder kann sich schon vorstellen, was ich meine. Bei uns war es so, dass der Schwiegervater zu dieser Zeit ein Pflegefall war und von meiner Schwiegermutter bis zu ihrem Tode gepflegt wurde. Doch nun war sie nicht mehr da. Wie sollte es weiter gehen? Wir standen vor einem Rätsel. Es war klar, wir Kinder mussten die Pflege des Vaters übernehmen - aber wie?

Mein Mann hat noch drei Geschwister, zwei Brüder und eine Schwester. Alle sind schon auf Rente, nur mein Mann und ich stehen noch in einem Arbeitsverhältnis. Kurz und gut, weil keiner von uns die Pflege des Schwiegervaters übernehmen konnte, wurde von der lieben Verwandtschaft ein Pflegeheim gesucht, in dem mein Schwiegervater gut versorgt werden sollte. Mein Mann und ich kümmerten uns hingegen um die Beerdigung der Schwiegermutter und alles was dazu gehörte.

Nach einer guten Woche hatte man dann ein Pflegeheim gefunden, und da mein Mann der einzige leibliche Sohn des Vaters war, blieb es an ihm hängen dem Vater klar zu machen, was auf ihn zu kommen würde. Jeder kann sich vorstellen wie es uns zu Mute war, so einen Schritt zu gehen. Da ich auf alles vorbereitet sein wollte dachte ich mir, dieses Heim schaust du dir mal an, damit man später besser argumentieren kann, um so den Vater besser überzeugen zu können, dass dies das Beste für ihn sei. Gedacht, getan, ich fuhr Freitag früh 3 Stunden vor Arbeitsbeginn, der erst um 13.00 Uhr war, zum Altenpflegeheim in der Grauenstrasse. Es sah aus wie ein schäbiges Krankenhaus. Ich wendete mich an die leitende Schwester, die auch schon Bescheid wusste, dass mein Schwiegervater am darauf folgenden Dienstag eintreffen würde. Sie zeigte mir sein Zimmer, es war ein Zweibettzimmer wie in einem Krankenhaus, einen Sessel könne man ruhig mitbringen und ein schönes Bild könnte man zur Not auch aufhängen, damit es etwas heimischer werden sollte, aber das war dann auch schon alles. Der zukünftige Bettnachbar lag mit einer Ernährungssonde im Bett und wimmerte: "Ich will sterben, ich will sterben". Mit einem verkrampften Lächeln der Schwester ging es weiter zu den anderen Einrichtungen des Hauses. Als ich alles gesehen hatte, verabschiedete ich mich. Ich dachte mir, vielleicht haben sie ja einen schönen Park, wo wir den Vater öfters rausfahren können, doch mitnichten.

Ich war in diesem Augenblick so hilflos, und ich konnte kaum noch aufhören, die Tränen aus meinen Gesicht zu wischen. Man hatte sich ja schon einiges vorgestellt, aber das wäre die Hölle und der baldige Tod unseres Vaters gewesen. Was sollte ich machen? Die liebe Verwandtschaft hatte nach ihren Aussagen alles Menschenmögliche getan, um überhaupt einen Platz zu finden. Was sollte ich zwei Stunden vor Arbeitsantritt noch machen? Ich stieg in mein Auto und fuhr los. Ich konnte kaum etwas durch meine verheulten Augen erkennen, auch wusste ich nicht, wie und wohin ich jetzt fahren, geschweige denn, was ich jetzt machen sollte. So irrte ich durch Berlin, ich hatte das Gefühl, dass nicht ich, sondern jemand anderes fuhr. Ich wollte einen klaren Gedanken fassen und ließ mich durch die Musik aus dem Autoradio berieseln. Ich höre immer den Sender "Radio Paradieso", die spielen sanfte ruhige Musik, plötzlich hörte ich: "dieser Song wurde Ihnen präsentiert vom Seniorenheim Schlachtensee "Angenehmes Leben im Alter" oder so ähnlich. Dann gaben sie noch die Nummer durch. Ich dachte, jetzt einen Telefonzelle mit Parkplatz. Ich hatte kaum ausgedacht, da eine sah ich eine freie Telefonzelle und ein echter Parkplatz, wo ich keinen blockiere und in Ruhe anrufen konnte. Ich rief an, und es war sogar noch ein Platz für einen Herrn frei. Es hörte sich irgend wie schon besser an als das, was ich gerade gesehen hatte. Wir verabredeten gleich für den Samstagmorgen einen Termin. Jetzt fühlte ich mich schon etwas besser, aber die Anspannung war noch da. Und das war gut so, ich rief meine lieben Verwandten an und sagte Bescheid, dass der Vater auf keinen Fall in die Grauenstrasse zu dem nackten Grauen kommen würde, dass wir ihm dieses nicht antun könnten. Gleich darauf bekam ich die passende Antwort, und zwar dass sich jetzt mein Mann und ich weiter um die Unterbringung kümmern müssten, sie würden keinen Finger mehr krumm machen. Schließlich hätten sie ja alles Menschenmögliche getan, und jetzt liegt es an uns, den Vater zu pflegen oder eine passendere Unterkunft zu besorgen!

Na ja, ich denke darüber muss man nicht viele Worte verlieren. Doch ich fragte mich: "Die Anspannung, die in mir ist, will noch nicht zu Ruhe kommen, was ist der nächste Schritt den ich machen muss?" Ich fuhr nach Hause. Dort angekommen schaltete ich gleich den Computer an und legte die D-Info in das CD-Romlaufwerk ein (D-Info ist ein elektronisches Telefonbuch auf CD-Rom), dort suchte ich nach Seniorenheimen. Ich rief eine Nummer nach der anderen an, aber entweder war keiner da oder es war nichts frei. Nach 5-6 Versuchen hatte ich Glück, eine nette männliche Stimme am anderen Ende sagte mir, dass gerade etwas frei geworden wäre, und überhaupt sei es bei ihm ganz nett. Eine Villa mit 25 Personen, er erzählte mir etwas über betreutes Wohnen, über ein eigenes Appartement, über einen Park hinterm Haus, was es kosten würde und und und ... Ich hörte gar nicht mehr richtig hin. Ich fing wieder an zu weinen, ich glaube diesmal war es nicht vor Ohnmacht, sondern mehr vor Erleichterung. Die Stimme am anderen Ende verstummte, dann fragte er mich, was passiert wäre. Ich erzählte ihm, einen fremden Menschen, alles was ich in den letzten zwei Stunden erlebt hatte. Mit einer lieben und sanften ruhigen Stimme fing er an, mich zu beruhigen. Wir machten einen Termin für Samstagfrüh aus, damit wir uns alles anschauen konnten. Als ich den Hörer auflegte, wich die Anspannung und ich wusste bereits in diesem Augenblick, dass dies das Richtige für meinen Schwiegervater war.

Samstag bekamen wir dann auch die Bestätigung, es war noch besser als ich gedacht hatte. Eine hübsche Villa mit schönem Garten und einem Park hinter dem Haus. Das Appartement, alles frisch gestrichen und mit neuen Möbeln versehen. Die Menschen, die dort lebten, waren alle sehr gepflegt und man sah auf dem ersten Blick, dass hier die alten Menschen noch wie Menschen behandelt wurden.

Ja, was will ich mit dieser Geschichte aussagen?

Sie ist nur ein kleiner Ausschnitt von einer langen Geschichte, die auch heute noch kein Ende gefunden hat. Ich sage nur, das Erbe der Schwiegermutter, wie man einem alten Mann sein bitter erspartes Geld wegnehmen will. Dem Schwiegervater beizubringen, dass dieser Schritt der Beste für ihn ist, die Wohnungsauflösung, Ämtergänge und vieles mehr. Jeder kann sich vorstellen, dass dies mit ungeheuerlich viel Kraftaufwand verbunden war, vor allen wenn einen die liebe Verwandtschaft nicht nur im Stich lässt, sondern einem auch noch große Steine in den Weg legt.

Wie konnten wir diese schwere Zeit nur überstehen? Woher nahmen wir die Kraft, trotz aller Hindernisse die sich uns in den Weg stellten, den Schwiegervater in eine menschenwürdige Unterkunft unterzubringen? Dies ging nur durch die Hilfe, die uns der himmlische Vater in so wunderbarer Weise zukommen ließ. Keinen Augenblick wich er von unserer Seite. Er war gleich zur Stelle, als wir uns in dieser aussichtslosen Lage befanden. Wer hat mir die Eingabe gegeben, dass ich mir lieber mal das Heim in der Grauenstrasse angucken sollte? Wer hat mich sicher durch die Strassen geführt, wer zeigte mir die nächsten Schritte? Warum hatte ich die Anspannung bis zu einem gewissen Zeitpunkt, wer gab mir das Gefühl, Kind jetzt kannst du dich zurücklehnen, es wird alles gut? Von wem bekamen mein Mann und ich die Kraft, dies alles zu ertragen und zu überstehen?

Dies konnte nur einer gewesen sein, unser geliebter himmlischer Vater. Was ich in dieser kurzen Zeit gefühlt habe, und die Stärke, die er meinem Mann und mir gegeben hat, um dies alles zu überstehen, lässt sich mit Worten nicht ausdrücken. Ich weiß nur, dass Jesus jeden Augenblick unseres Kummers bei uns war, uns geführt, uns gehalten und getragen hat.